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7201 Zuschauer
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Die älteren Anhänger von Rot-Weiss Essen und seinem heutigen Gast vom Wuppertaler SV denken heute vielleicht
an den 1. Februar 1975 zurück, denn das ist der letzte Termin gewesen, an dem die heutige Partie als Ligaspiel
in der Fußball Bundesliga angesetzt war. Mehr als 35 Jahre später die aktuelle Lage bei den heutigen
Kontrahenten etwas trister zu nennen,
wäre wohl eine Untertreibung, denn der WSV dümpelt im Mittelfeld der Regionalliga - also auf Level vier
herum - und die Hausherren von Rot-Weiss Essen kicken aktuell nach Insolvenz sogar eine weitere Klasse tiefer in der NRW-Liga, wo man allerdings immerhin Tabellenführer ist und mit einem Zuschauerschnitt von über 6000 auch finanziell gesunden dürfte. Ein weiteres Datum, an das man sich heute erinnern könnte, ist der 11. Mai 2010, denn an diesem Datum traf man wie heute im Rahmen des Niederrhein-Pokals aufeinander, und damals gewann Rot-Weiss Essen mit 3:2 und setzte sich so - auch damals als das klassenniedrigere Team - durch, was allerdings nicht den erhofften Platz im DFB-Pokal nach sich zog, sondern eine bittere 1:2-Niederlage im Verbandspokalendspiel-Derby gegen den ETB Schwarz-Weiß Essen.
Zu Beginn der Partie machen die Gäste den etwas besseren Eindruck, und es sieht so aus, als könne man diesmal
seine Favoritenrolle bestätigen. Richtig gefährlich wird es allerdings selten vor dem Tor von Rot-Weiss - vor
allem bei zwei Freistößen für die Gäste - und in der 37. Minute heißt es doch wieder 1:0 für das unterklassige
Team, nachdem Lukas Lenz im allgemeinen Gewühl im WSV-Strafraum das Leder aus der Drehung unter die Latte hämmert.
Für die Wuppertaler ist es damit freilich nicht getan, sondern es kommt noch schlimmer, bevor man endlich in die
Halbzeitpause darf, denn ein zweiter Treffer von Lenz sorgt zwei Minuten vor dem Seitenwechsel für das 2:0. Etwas
neue Hoffnung schöpfen die Wuppertaler, als Jerome Assauer nach zehn Minuten im zweiten Abschnitt für das Anschlußtor sorgt, aber die zweite Halbzeit endet wie die erste mit einem Doppelschlag für RWE, mit dem diesmal Benedikt Koep dafür sorgt, daß die Niederlage für das höherklassige Team peinliche Ausmaße annimmt.
Am heutigen Tag haben mit knapp über 7000 Zuschauern noch mehr Menschen ins Georg-Melches-Stadion gefunden als
im Durchschnitt die Essener Ligaspiele verfolgen, auch wenn man die erhofften 10000 Menschen deutlich verfehlt hat.
Zum Intro gibt es bei den Gastgebern im Hintertorbereich, wo vor einigen Jahren noch die Gäste untergebracht wurden,
diverse Schwenkfahnen zu sehen und eine recht dichte Schalparade, während man auf der Gegenseite eine Blockfahne
mit Aufschrift "Mythos Hafenstraße 1907 - der Schreck vom Niederrhein" und einem Vereinslogo zeigt, die sicher nicht speziell für das heutige Spiel entstanden ist. Das Wuppertaler Transparent "Kämpfen WSV", zu dem man ein paar kleinere Schwenkfahnen zeigt, könnte schon eher einen speziellen Bezug haben, aber so richtig aufmerksam scheinen es die Wuppertaler Spieler am Ende doch nicht gelesen zu haben. Während der Partie sorgen beide Seiten für recht guten Support per Gesang, wobei vor allem das über die drei Tribünen laufende "Rot!" - "Weiß!" - "Essen!" der Hausherren auffällt.
Bereits seit Anfang der 1990er Jahre hat das Georg-Melches-Stadion seine inzwischen wohl schon fast als charakteristisch
empfundene Form mit einer offenen Hintertorseite, denn damals mußte die baufällige Westtribüne der Anlage
abgerissen werden, die vorher als Stimmungsblock beim RWE bei den Kontrahenten der Rot-Weissen gefürchtet war.
Ungefähr seit der gleichen Zeit ist immer wieder von einem Stadionneubau die Rede, der aber immer wieder an
den Finanzen gescheitert ist oder auch schon einmal aufgrund sportlicher Abstiege auf die lange Bank geschoben
wurde. Ob es besonders klug ist, in einem Stadion mit nur drei Tribünen eine Baumaßnahme mit einem Teilabriß
einer der Vorhandenen zu starten, kann man wohl unterschiedlich bewerten, aber so ist es in Essen geschehen, und
inwzischen ist von Baggern nichts mehr zu sehen, so daß das Georg-Melches-Stadion aktuell aus gut zwei und einem
Drittel Tribünen besteht. Im letzten Jahr gab es noch ein ernüchterndes Signal der Stadt Essen, als
Oberbürgermeister Reinhard Paß mitteilte, daß es kein weiteres Engagement von dieser Seite geben würden, nachdem
Teile der Stadionfinanzierung einmal mehr in den Sternen standen. Zwar hat man das zurückgenommen, als der Stadtrat
später im Oktober den Neubau eines Stadions für 20000 Leute beschloß, der neben dem RWE auch Heimspielort der
Bundesliga-Frauen der SG Essen Schönebeck werden soll, aber die Geschichte des Georg-Melches-Stadions legt seine
gewisse Skepsis nahe, so lange der Bau nicht läuft - oder noch besser vollendet ist.
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