Der Wiener Sport-Club wurde am 24.02.1883 als Radfahrverein gegründet, im Laufe der folgenden Jahre weitete er seinen Aktivitäten auf
zahlreiche andere Sportarten, unter anderem auch auf den Fußball, aus. Die Fußballsektion wurde bald zum populärsten, allerdings bei weitem nicht zum erfolgreichsten Teil des Vereins. Die ihr innewohnende Dynamik hatte aber zur Folge, daß sie andere Sektionen im Verein zurückdrängte bzw. teilweise sogar zum Verschwinden brachte. Die Eishockeysektion, die 1912 die erste in Österreich ausgetragenen Meisterschaft gewonnen hatte, beendete beispielsweise schon 1921 ihren Spielbetrieb, als für die Zuseher der Fußballspiele am Platz die Tribüne an der Hernalser Hauptstraße errichtet wurde und damit jene Fläche für die aktive Sportausübung verloren ging, auf der bis dahin im Sommer Tennis und im Winter Eishockey gespielt worden war. Die Leichtathletiksektion gab auf, als das Spielfeld verbreitert und damit die Laufbahn beseitigt wurde. Den ebenfalls überaus erfolgreichen Feldhandballern - der Sport-Club war die Wiege des Handballs in Österreich - machte man dadurch den Gar aus, indem man sie vom Platz verdrängte, ihnen zuletzt dort Trainings- und Spielverbot, ihrem legendären Sektionsleiter, Herrn Skutetzky, sogar Platzverbot erteilte. Der Wiener Sport-Club war in seinen Anfangsjahren ein wohlhabender Verein gewesen und hatte 1895 sein aus eigenen Mitteln errichtetes Vereinshaus auf eigenem Grund und Boden feierlich eröffnet; zum damaligen Zeitpunkt spielte der Verein noch nicht Fußball. 1981 wurde das Vereinshaus verkauft, damit allen anderen Sektionen außer der Fußballsektion - der von der Gemeinde neue Räumlichkeiten am Platz finanziert worden waren - die Heimat genommen, der Erlös aus dem Hausverkauf floß aber nur den Fußballern zu. Die übrigen Sektionen, darunter die schon seit 1886 im Verein vertretenen Fechter erhielten keinen Groschen, obwohl die Fußballsektion 1895 noch gar nicht existiert hatte und daher der damalige Hausbau nicht von ihren Mitgliedern finanziert worden war. All diese Vorgänge unterstreichen die besondere moralische Verpflichtung der Fußballsektion für die Erhaltung des Gesamtvereins.
Der Strukturwandel im österreichischen Fußball bedeutete für den Sport-Club spätestens ab Ende der 80er-Jahre, daß er sich erstklassigen Fußball wirtschaftlich nicht mehr leisten konnte. Trotzdem hielt man unter Berufung auf die Tradition und die Erwartungen der Anhänger den diesbezüglichen Anspruch aufrecht, was im Jänner 1994 zur Eröffnung eines Ausgleichsverfahren führte, das mangels Erfüllbarkeit des Ausgleichs in einen Anschlußkonkurs mündete. Ab der Saison 1994/95 mußte man zwangsweise in der Regionalliga spielen, noch im Sommer 1994 kam über einen Zwangsausgleich eine theoretische Entschuldung zustande. Noch immer nicht über die wirtschaftlichen Realitäten belehrt, strebte man den Wiederaufstieg in die Bundesliga an; diese Bemühungen und der damit verbundene wirtschaftliche Aufwand führten zur Eröffnung des zweiten Konkursverfahrens im September 1997. In dieser Situation kehrte noch einmal die Vernunft ein, stieg man zwar 1998 in die Wiener Liga (die 4. Leistungsstufe) ab, gelang aber unter einem die Organisation eines Fortbetriebes im Konkurs mit dem Ziel noch einmal den Zwangsausgleich zu schaffen. 2001 gelang dem WSC, noch immer im Rahmen des Konkursverfahrens, der Aufstieg von der Wiener Liga in die Regionalliga Ost, wurde mit der AXA-Versicherung zum ersten Mal seit Jahren wieder ein potenter Sponsor gefunden, der Spielbetrieb im Herbst 2001 mit Gewinn abgeschlossen. Diese positiven Vorzeichen führten aber nicht zu einer Verstärkung des Bemühens um die Entschuldung des Sport-Club, sondern bemerkenswerterweise zu einer Abkehr von dieser. Den möglichen Aufstieg in die zweite Leistungsstufe vor Augen, wagte die Masse der Fußballsektion im Jänner 2002 den Auszug aus dem Sport-Club und wechselte in einen vorsorglich im Juni 2001 gegründeten "FC Wien-Hernals" über, der im Dezember 2001 auf "Wiener SK AXA" umbenannt worden war. Unter einem
ließ man den alten Wiener Sport-Club mit allen Schulden einfach in Stich. Der Wiener SK AXA trat in der Öffentlichkeit als "Wiener Sportklub" auf und ersetzte stillschweigend und für die sportlichen Mitbewerber vorerst unbemerkt ab dem Frühjahr 2002 den Wiener Sport-Club in der Regionalliga Ost. Dies geschah mit Förderung und Duldung des Wiener Fußballverbandes, obwohl dieser neue Verein niemals auch nur einen Aufnahmeantrag in den WFV gestellt hatte. Die Punkte des WSC wurden stillschweigend dem WSK zugeschlagen. Unbelastet von allen Schulden verstärkte der jungfräuliche Wiener SK Wienstrom vor Beginn der Frühjahrsmeisterschaft den ehemaligen Kader des Wiener Sport-Club auf mehreren Positionen, darunter mit einem der teuersten Spieler der Liga, und wurde mit den von ihm selbst und den noch durch den WSC im Herbst erzielten Punkten trotz nur 15 bestrittenen Spielen Meister einer Spielzeit mit 30 Partien.
Im Lizenzierungsverfahren für die Bundesliga wurde dem Wiener SK in erster Instanz die Lizenz mit der Begründung verweigert, daß er weder Mitglied des Wiener Fußballverbandes, noch Teilnehmer der Regionalliga Ost wäre. Der Wiener SK Wienstrom erhob kein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung, sodaß sie ihm gegenüber in formelle Rechtskraft erwuchs. Nachdem in der Folge unter anderem umfangreiche Erörterungen zwischen dem Wiener SK und Vertretern der im Parlament vertretenen politischen Parteien, insbesondere auch mit Herrn Ing. Westenthaler als damaligen Klubobmann der FPÖ, durchgeführt worden waren, erteilte die zweite Instanz im Lizenzverfahren – ohne rechtlich dazu auch nur die geringste Möglichkeit zu besitzen – dem Wiener SK Wienstrom trotzdem die Lizenz für die Bundesliga und regte der Vorsitzende des Berufungssenats in der mündlichen Verhandlung an, daß der am 24.02.1883 gegründete Wiener Sport-Club, wohl um den Vorgang weniger auffällig zu machen, aufgelöst werden möge.
Der WSC gab sich aber nicht auf, vor allem die Fechtsektion und die treu gebliebenen Reste der Fußballsektion behaupteten sich; der Wiener Fußballverband mußte 2003 seinem Gründungsmitglied Wiener Sport-Club die auf den WSK übertragene Verbandsnummer zurückgeben und den Sport-Club als selbständiges Mitglied des Verbandes anerkennen. Am 23.05.2004 wurde zwischen beiden Vereinen eine Vereinbarung geschlossen, die unter anderem folgende Regelung enthält: "Weiters ist dem WSK untersagt, sich der Geschichte und Tradition des WSC zu berühmen, insbesondere auf eine Weise, aus der für Dritte abgeleitet werden könnte, dass der WSK mit dem WSC ident ist. Daher hat der WSK auch gegenüber den Medien und sonstigen Dritten auf erste Aufforderung des WSC, klarzustellen, dass der WSK nicht die vom WSC zuvor erzielten Erfolge, Resultate und sonstigen Leistungen für sich in Anspruch nimmt und nehmen kann." Am 16.12.2004 wurde von den Gläubigern des Wiener Sport-Club einstimmig der angebotene Zwangsausgleich angenommen, am 23.02.2005 ist nach fast 8 Jahren das Konkursverfahren über das Vermögen des WSC aufgehoben worden. Der Versuch des Wiener SK Wienstrom den Wiener Sport-Club nicht nur in der Meisterschaft, sondern auch sonst zu ersetzen, ist gescheitert, heute zahlt der WSK nach jahrelanger Ausübung rechtlichen Drucks von Seiten des Wiener Sport-Club für die Möglichkeit sich in beschränktem Umfang - und nicht länger als 10 Jahre - "Wiener Sportklub" nennen zu dürfen, jährlich ein Entgelt, das zur teilweisen Erfüllung des Zwangsausgleichs des WSC verwendet wird.
Ihr Berichterstatter sah also im November 2002 nicht den Wiener Sport-Club, den Meister der Jahr 1922, 1958 und 1959, sondern bloß den Wiener SK AXA, den heutigen Wiener SK Wienstrom, und damit das Ergebnis einer der größten Schiebungen in der Geschichte des Wiener Fußballs. Ich persönlich bin seit meiner Bubenzeit und bis heute ein begeisterter Anhänger der Fußballsektion des WSC, für mich war es eine Herzensangelegenheit den zerschlagenen Verein nicht allein zu lassen, nicht an den Umtrieben meiner ehemalige Kollegen und Freunde teilzunehmen. Für die Fußballsektion des Wiener Sport-Club gilt es nunmehr auf eine Weise wiederzuerstehen, durch die niemals wieder unser Verein und unsere Kameraden der übrigen Sektionen gefährdet werden können: Lieber in Anstand klein zu bleiben, als auf krummen Wegen den Erfolg suchen!
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